Berühren & Bewegen

Das Theater o.N. und das HELIOS Theater Hamm luden im Rahmen des Berliner Schaufensters unter dem Titel »Berühren & Bewegen« zu einem Austausch in den Fachforen "Bitte berühren!" und "Material und Natur" ein. Themen waren dabei der Umgang mit Material, Natur und Berührung sowie die Bedeutung des Tastsinns im Theater für die Jüngsten.

Das Projekt »Berühren & Bewegen« (Theater o.N. und HELIOS Theater Hamm) wird gefördert durch den Fonds Darstellende Künste e. V. im Rahmen des Programms NEUSTART KULTUR #TakeNote

Fachforum: Bitte berühren!

Eine Einladung zum Forschen, Spüren und Fühlen

Die Haut ist unser größtes Organ sinnlicher Wahrnehmung. Als Grenzorgan übernimmt sie die Kommunikation zwischen Innen und Außen. Sie schützt das Innen und bleibt dennoch durchlässig, empfindsam und flexibel gegenüber dem Außen. Über Millionen von Rezeptoren empfangen wir eine Vielzahl an Informationen wie Temperatur, Schmerz, Druck, Vibrationen und Berührungen, die unsere Wahrnehmung der uns umgebenden Welt und unsere Eigenwahrnehmung prägen. »Wir denken uns nicht selbst, wir fühlen uns« (Martin Grunwald, Homo hapticus).

Die erste Sprache, die wir erlernen, ist das Erkennen und Einordnen von Berührungen (taktile Wahrnehmung) und über das erste, tastende Begreifen erschließen wir uns die Welt (haptische Wahrnehmung). Der Begriff haptikós kommt aus dem Griechischen und bedeutet zum Berühren geeignet. Nun leben wir in einer Zeit, in dem immer weniger zum Berühren geeignet scheint. Sowohl der eigene Körper (Selbstberührungen im Mund-Nasen-Bereich), als auch das zu erforschende Außen, welches nicht aus glatten, ungefährlichen und desinfizierten Oberflächen besteht, wird zur Sperrzone für die haptische Wahrnehmung erklärt. Doch um mit der Welt in Kontakt zu kommen, müssen wir sie begreifen, nicht bloß betrachten. Mehr noch als für den erwachsenen Menschen gilt dies für Kinder.

Das zweitägige Fachforum sollte die Bedeutung des Tastsinnessystems in den darstellenden Künsten, insbesondere im Theater für die Jüngsten, in den Fokus rücken. Der Themenkomplex »Haut und Berührung« wurde interdisziplinär beleuchtet, um Impulse für die künstlerische Auseinandersetzung und die Entwicklung neuer Formate zu gewinnen und um einen Raum für Austausch über die eigene Verortung in dieser veränderten Zeit zu schaffen. Wie können wir von unserer Haut lernen, dass Schutz und Berührbarkeit nicht unvereinbar sein müssen? Wie könnte ein Theater der Haut aussehen? Warum ist das Berührt-werden so wichtig und erfüllend für uns und wie kann es im pandemischen Kontext gelingen?

Diesen und anderen Fragen wurde in Forschungslaboren (Reiner Delgado, Michaela Millar, Olga Ramirez Oferil), Vorträgen aus Philosophie (Prof. Dr. Wilhelm Schmid) und Neurowissenschaft (Dr. Rebecca Böhme), sowie einem begleitenden digitalen Berührungsarchiv nachgegangen.

Die Vorträge und der anschließende Austausch wurden am 14. September live übertragen.

Dienstag 14.09.2021
  13:00 - 16:00 Uhr Forschungslabor 1: Skinhunger/hungrige Haut + Eröffnung Berührungsarchiv
Eine gemeinsame Forschungsreise: Wie erschließt sich uns die Welt über das Tastsinnessystem? Was erinnert die Haut? Wie beeinflussen taktile Reize unsere Empfindungen?
  18:00 - 22:00 Uhr Vorträge:
Dr. Rebecca Böhme | Der Wert der Berührung - Verbundenheit, Nähe und Kommunikation
Prof. Dr. Wilhelm Schmid | Zur Kraft der Berührung 
Eine Neurowissenschaftlerin und ein Philosoph sprechen über die Bedeutung der Haut und von Berührungen.
  anschließend Austausch
Mittwoch 15.09.2021
  13:00 Uhr Input Reiner Delgado
  anschließend bis 17:00 Uhr Forschungslabor 2: Ein Theater der Haut (inklusive Pause)
Wir wollen uns damit beschäftigen, wie visuelle Reize in taktile Reize übersetzt werden können. Ist es möglich, ein Theater der Haut zu denken, auch unter pandemischen Bedingungen? Welche Voraussetzungen braucht es, um gemeinsam Theater zu erleben, unabhängig von den persönlichen sensorischen Möglichkeiten?

 

 

Fachforum: Material und Natur

Theaterstücke und Fachgespräche über Kunst und Natur

Das Theater o.N. aus Berlin und das HELIOS Theater luden zum Austausch ein. In Vorträgen, Theateraufführungen und Diskussionen wurden unterschiedliche Möglichkeiten beleuchtet, ökologische Themen in die (tägliche) Arbeit mit Kindern und in die Theaterarbeit für Kinder einzubringen.

Das Spielen scheint ein Schlüssel zu sein: zur Gestaltung des Lebens, zur Vermittlung von komplexen Zusammenhängen, zur Entwicklung von Lösungen und als wesentliche Basis von Theaterarbeit. Welche weiteren Mittel stehen uns zur Verfügung um mit Heranwachsenden über »Natur« zu kommunizieren? Wie können wir Natur jenseits von Romantisierung oder Katastrophe erzählen?

Im Oktober 2021 veranstaltete das HELIOS Theater zwei Fachtage rund um Spiel, Theater und Natur.
Im Rahmen des Projekts »Berühren und Bewegen« in Kooperation mit dem Theater o.N. geben Fachleute aus Pädagogik, Psychologie und Theater Impulse. Dazu zeigte das HELIOS Theater exemplarische Theaterstücke für Kinder.

Am Freitag, 1.10. ging es um die Natur in der täglichen Arbeit mit Kindern, um die Bedeutung von Naturerlebnissen für Kinder und um die Rolle, die das Spiel in der Kindesentwicklung spielt.

Am Sonntag, 3.10. fokussierten wir auf die Umsetzung von Themen wie Umwelt, Natur und Klimawandel auf der Bühne. Wie kann man Natur im Theater erzählen, insbesondere im Theater für junges Publikum?

Freitag 01.10.2021
  10:00 Uhr Theaterstück: HARVEST (4+)
  11:00 Uhr Vortrag: Praktisches Naturerleben mit Kindern
Heike Barth, drumherum – Natur erleben
  12:00 Uhr Vortrag: Spielen macht schlau
Prof. Dr. André Frank Zimpel, Universität Hamburg
Sonntag 03.10.2021
  16:00 Uhr Theaterstück: Ha zwei Oohh (2+)
  17:00  - 19:00 Uhr Vortrag: Staging Nature – Natur und Bühne
Tobias Rausch, Bürgerbühne Dresden
anschließend Gespräch mit Theatermacher*innen: Theater o.N., Armada Theater, HELIOS Theater